Wie ein guter Wein: Reifeprozesse und Kosmetik

Wenn wir an Reifeprozesse in Kombination mit Schönheit denken, kommt uns als erstes Anti-Aging in den Sinn und unsere oft kläglichen Versuche, das Altern aufzuhalten – oder zumindest zu verzögern… Mit Mitte Dreißig, ertappe ich mich auch hin und wieder beim Betrachten der Linien rund um meine Augen, die ich dann als charakterbedingte Lachfältchen abtue. Meine natürliche Reife, soll meinetwegen so weitermachen. Aber wie ist das eigentlich mit Kosmetik? In den meisten Fällen möchte man auch hier bestimmte Prozesse verhindern, die zum Beispiel eine Creme in ihrer Qualität mindern könnten. Trotzdem gibt es Ausnahmen. Und die hat mir Susanne aus dem Labor verraten.

Es ist ein wenig, wie bei so manchem Rebensaft: Je älter desto besser. Das gilt für unseren persönlichen Erfahrungsschatz genau wie für bestimmte Beauty-Produkte. Susanne Gans, Leiterin des Labors bei Speick Naturkosmetik hat wieder ein wenig für unseren Blog aus dem Nähkästchen geplaudert…

Es gibt zwei Produktkategorien, bei denen eine Reifung notwendig ist:

Einfach dufte: Klare alkoholische Zubereitungen 

Dazu gehören die Speick Deodorants, die Rasierwässer, das Eau de Cologne und Eau de Toilette. „Es handelt sich hier um komplexe Mischungen von Extrakten, Wirkstoffen und ätherischen Ölen, die in eine mehr oder minder alkoholische Grundlage eingearbeitet werden. Die Tatsache, wie hoch der Alkoholgehalt ist, entscheidet darüber wie gut löslich die ätherischen Öle oder die Pflanzenextrakte sind“, so Susanne.

Jeder Rohstoff hat eine vorgegebene Löslichkeit in Alkohol und in Wasser. „Wenn wir nun unsere Rohstoffe in das Wasser Alkoholgemisch geben, dann kommt es oft zu Ausfällungen, je nachdem wie sich der Rohstoff in dem vorhandenen Wasseranteil oder dem zur Verfügung gestellten Alkoholanteil löst. Diesen Prozess nennen wir Reifeprozess. Wir konnten feststellen, dass dieser Reifeprozess mindestens 6 bis 8 Wochen dauert. Dann hat sich alles im Medium gelöst, oder was sich nicht löst, ist ausgefallen oder schwimmt oben auf“, verrät die Laborchefin.

Eine spannende Sache, bei der definitiv Geduld gefragt ist. Aber wirkt sich so ein Reifeprozess neben dem Fortschritt der Lösung auch anderweitig aus? Ganz offensichtlich: „Wir konnten feststellen, dass diese lange Standzeit sich bei den eingesetzten ätherischen Ölen auch positiv auf die Duftentfaltung im Produkts auswirkt.“

Damit das Produkt immer gleich riecht, ist bei diesen alkoholischen Produkten zwingend diese Reifezeit notwendig. Nach der Reifezeit wird alles filtriert und kann abgefüllt werden. Der Duft ist dann auch ausgereift (frische Öle riechen anders als gelagerte und gereifte Öle) und mögliche Schwebeteilchen, die nicht nur unschön aussehen, sondern auch einen Pumpzerstäuber von einem Deospray verstopfen können, sind entfernt worden.

Eisgekühlt am besten: Die Rasiercreme

Ein weiteres Produkt aus dem SPEICK-Portfolio braucht Zeit: Die Rasiercreme. Dabei handelt es sich um eine Seifencreme, bei der Öle mit Lauge verkocht werden. „Da Rasiercreme pastös ist, benutzt man zur Verseifung nicht ausschließlich Natronlauge (mit NaOH verseifte Öle ergeben feste Seifen), sondern mischt diese mit Kalilauge (Flüssigseifen bekommt man mit KOH verseiften Ölen). Dadurch entsteht eine pastöse Seife. Es entscheidet die Fettauswahl und die Auswahl der Lauge über die Erscheinungsform und die Qualität der Seife“, weiß Susanne und hat das sicher schon unzählige Male ausprobiert. Aber was hat das mit Reife zu tun? „Wenn man die Rasiercreme herstellt, so dauert dieser Herstellprozess 2 Tage bis die Verseifung abgeschlossen ist: Alle Inhaltsstoffe werden zusammen gegeben und es wird in der Wärme in einer Maschine geknetet. Zusatzstoffe werden erst einen Tag später zugesetzt. Man erhält hier eine transparente, feste Masse, die man abstechen kann. Nach der Herstellung kommt alles in Lagerbehälter, die bei entsprechenden Temperaturen gelagert werden müssen. Dieser Reifeprozess dauert dann mindestens 3 Monate“. Ganz schön lange…

Und warum muss die Temperatur stimmen? „Die Reifung selbst wird von der Lagertemperatur stark beeinflusst, was wiederum Auswirkungen auf das Aussehen und die Geschmeidigkeit der Rasiercreme hat. Nach dieser Reifezeit wurde aus der anfänglich festen Masse eine geschmeidige, perlglänzende Rasiercreme die gebrauchsfähig ist“, weiß die Expertin. Das ist auch für Anwender interessant: Wird Rasiercreme zu warm gelagert, dann verfestigt sie sich so sehr, dass die Formulierung steinhart werden kann und sich nicht mehr aus der Tube drücken lässt. Trick 17 von Susanne: „Gekühlt oder eingefroren erhält die Rasiercreme die gewohnte Geschmeidigkeit und den Perlglanz zurück.“

Da muss man erstmal drauf kommen. Manchmal bin ich ganz froh, dass ich einfach ins Regal greifen kann. Denn ob ich wirklich diese Geduld hätte, die Reifeprozesse abzuwarten? Wie gut, dass das Speick-Laborteam sie hat und für so ausgeklügelte Rezepturen sorgt. Ich für meinen Teil brauche jetzt ein Näschen voll Eau de Cologne, perfekt gereift und einer der schönsten Naturdüfte, die ich kenne.

Jenny

Seit mittlerweile 15 Jahren beschäftigt sich Jenny beruflich umfassend mit Bio-Beauty, Produkten, Trends, und Rohstoffen – und damit all diese Dinge in Worte zu fassen. Sie selbst in drei Worten: naturverliebt, faktenhungrig und facettenreich.